Wer kennt das Gefühl nicht: irgendwas in der Vergangenheit ist nicht so gelaufen, wie man es wollte und dieses Detail würde man gerne ändern. Bei einigen ist es die 90er Jahre Fönfrisur, weswegen man alle Fotos vor dem Jahr 2000 verbrennen musste, bei Xena ist es der Tod ihres Bruders im Kampf um Amphipolis. Und so bringt uns die Xena Episode Kampf gegen das Schicksal (engl. Remember Nothing) in eine alternative Realität, in der Xena nie zum Schwert griff und so ihr Bruder auch nicht starb. Aber wie anno dazumal in Ist das Leben nicht schön, trügt auch in der Xena Folge der Schein der schönen neuen Welt. Im Gegensatz zu Xena glänzt das Original allerdings durch einen Hauptprotagonisten, der keine Kriegsverbrechen begangen hat.
Mary: „Der ist so nett, man möchte ihn treten.“
Neben der von 1940er Jahre Klassikern inspirierten Handlung glänzt diese Folge durch ihre wunderschönen Landschaftsaufnahmen, die über sehr lange, als Exposition dienende Dialoge gelegt werden.
Mary: Da muss ein Kamerateam mehrere Tage auf der Wiese gelegen haben, um das so einzufangen.“
Die Handlung beginnt im Tempel der Moiren, wo Xena einmal im Jahr hingeht, um mit ihrem Schicksal zu hadern und um ihren Bruder zu trauern (Nicht der vom Ende der letzten Staffel. Über den reden wir niemals wieder.). Doch kaum ist die Kerze angezündet, wird der Tempel von den schlechtgekleidetsten Ganoven, die bis hierhbin aufgetreten sind, überfallen. Zum Glück ist unsere Kriegerprinzessin da, um Schlimmeres zu verhindern. Schicksalsdiebstähle zum Beispiel. Dummerweise fällt ihrem letzten Widersacher im Sterben der Helm vom Kopf und enthüllt die unschöne Wahrheit: Ihr Gegner war erst 15 und erinnert Xena an ihren verstorbenen Bruder. Nur die Mönche im Bademantel juckt das nicht, bei freischwebendem Gehänge ist man schließlich tiefenentspannt wie seinerzeit Spocks Bruder in Star Trek 5.
Sascha: „Und dann gehen wie in einem Videospiel alle NPCs wieder ihren Geschäften nach.“
Weil man verbittert immer die besten Entscheidungen trifft, bieten die Moiren Xena als Dankeschön für die Rettung ihres Tempels einen freien Wunsch an. Aber natürlich können sie nicht einfach den gerade Getöteten widerauferstehen lassen (wer sagt eigentlich, dass unter den anderen Helmen nicht auch minderjährige Kämpfer steckten?). Wer es mit den Schicksalen egal welcher Mythologie zu tun hat, der muss erstmal was lernen. Zum Beispiel, dass man sich weder unbedarft wünschen sollte, nie geboren worden zu sein, noch, jemals Kriegerprinzessin geworden zu sein. Und so steht Xena „Schwups“ in einer Realität, in der sie schicke Lederuniform gegen Jute-Bauernoutfit eingetauscht hat. Dafür ist ihr Bruder noch am Leben, denn der tödliche Pfeil damals wurde durch ein schickes Amulett aufgehalten.
Sascha: „Ich habe viel Sendung mit der Maus und Youtube-Videos geguckt und ein Amulett wird einen Pfeil nicht aufhalten.“
Aber während Xena sich ein bisschen zu sehr freut, dass ihr Bruder noch lebt, stellen wir fest, dass abseits der idyllischen Dorfidylle nicht alles so idyllisch ist, denn Xena hat ja seinerzeit nicht nur selbst ein paar Menschen niedergemetzelt, sondern auch einige Kriegsherren in ihre Schranken verwiesen. Und so finden wir uns in einem Neuseegriechenland voller Folter und Sklaverei wieder. Was zu einigen interessanten Ausführungen von Sascha und Mary führt.
Sascha: „Das klingt alles total bescheuert, was wir hier erzählen.“
Zum Glück ist das ein Podcast über eine Serie aus den 90ern, da dürfen wir das noch. Zum Beispiel uns darüber Gedanken machen, warum jetzt alles mehr Game of Thrones sein muss.
Mary: „Die meisten expliziten Szenen sind eher peinlich.“
Sascha: „Und wenn ich so etwas sehen will, schaue ich mir einen Genrefilm an.“
Gibt es eigentlich einen Game of Thrones Podcast? (Anmerkung Sascha: Natürlich. Sogar von unseren Freund:innen von Nerdizismus.) Aber egal. Xena möchte zwar ihren Bruder behalten, aber Sklaverei kann sie nicht tolerieren. Vor allem nicht, wenn ihre liebste Freundin Gabby versklavt wurde! Also packt sie sich selbst auf den nächsten Beutewagen zum Schurkentempel, ohne die Proteste ihres fönfrisurigen Verlobten zu beachten. Denn der findet Sklaverei eigentlich ganz okay, solange man *ihn* nicht versklavt.
Mary: „Das ist der schlechtgepackteste Beutewagen, den ich je gesehen habe!“
Warum der Beutewagen so schlecht gepackt ist, erklärt sich aber aus dem Zustand des Kutschers.
Sascha: „Das ist früh am morgen und der ist sehr betrunken. Das ist wie im Oberspreewald-Lausitz-Kreis.“
Mary: „Und da gibt es keine Sklaverei.“
Sascha: „Zumindest nicht offiziell.“
Zum Glück, denn nach dem Xena Gabby von einer Flucht überzeugt hat, katapultieren sich die beiden dank der anders funktionierenden Physik dieses Paralleluniversums durch den Kamin durch die Luft auf den abfahrenden Beutewagen. Und weil es eine total gute Idee ist, eine entwendete Sklavin bei sich zuhause zu verstecken, bietet Xena ihrer neuen Freundin erstmal die Kleider ihrer verstorbenen Mutter an, die in einem besonderen Farbspektrum glänzen und Sascha an alte Reisen ins Kaufhaus erinnern.
Sascha: „…und Sebastian sagte: diese Damenabteilung fliedert mich an.“
Xenas Bruder scheint auf Flieder zu stehen oder auf Frauen, die Flieder tragen, denn der Blick, den er und Gabby bei ihrer ersten Begegnung tragen, reißt nicht nur die Kitsch-Wertung dieser Folge nach oben, sondern bringt auch Xenas Kiefer zum knirschen. Kein Wunder, sie hat ja nur ihren prinzipienlosen Galan, der Gabby an die Sklavenhalter verrät, wie Lando Calrissian einst Han Solo an das Imperium. Und Überraschung: der Sklavenhalter hält sich nicht an die Vereinbarung, sondern nimmt auch Xena und ihren Bruder mit. Da hilft auch nicht die nachträgliche Rettung aus dem Gefängnis. Vielleicht liegt es an der Frisur, dass wir Lando vergeben konnten, aber nicht Maphias (vielleicht liegt es auch am Namen). Xenas Bruder Lyceus nutzt die Gelegenheit, um sich alle drei Kriegsherren zu schnappen. Und nun steht Xena da, während ihr Bruder von ihr verlangt, das Schwert zu ziehen. Denn wenn sie es tut, kehrt sie wieder zurück in die alte Gegenwart. Doch das Zünglein an der Waage ist die zynische Gabby dieses Universums, die das Schwert fängt, das für Xena gedacht war, und es genüsslich in den Eingeweiden ihres Peinigers dreht. Xena entscheidet, dass ihr Bruder lieber für eine gute Sache sterben würde, als dass sie für immer auf der Strafbank sitzen bleiben würde. Und vor allem will sie, dass Gabby die bessere Version ihrer Selbst sein kann. Ohne nichtgezeigte, aber klar implizierte Übergriffe. Und so tötet Xena und die Moiren lassen sie zurückkehren. Allerdings kann sie dem Jüngling, den sie zuvor getötet hat, noch das Leben und eine zweite Chance schenken. Kein Wunder: trägt er doch jetzt das Amulett ihres Bruders. Xena ist zu Gabbys Erstaunen bestens gelaunt. Kein Wunder, ist sie doch gerade den nervigsten Verlobten seit Anakin Skywalker losgeworden und hat dafür ihre liebenswürdige best friend with benefits zurück. So ein Nachmittag mit den Schicksalen spart Jahre Therapie!
Letztlich eine kurzweilige Xena Folge, mit einigen Schwächen und verschenktem Potential, aber klaren Höhepunkten.
Mary: „Es ist die Folge der besten schlechten Witze.“
Wer den Film Ist das Leben nicht schön? (Originaltitel: It’s a Wonderful Life) von Frank Capra noch nicht gesehen hat, sollte das dringend nachholen.
Macht euch ein Bild von der jungen Callisto.
Wir haben ein <3 für Star Trek 5: Final Frontier. Gruß an den echten Star Trek Podcast, Trek am Dienstag.
Kauft Marys Bücher als eBook, im Buchandel, oder signiert.
Wer mehr kluge Sprüche von Sebastian UND Sascha hören möchte, sollte zuhören, wenn Sie reden.
Und betet wie Lando, dass der Deal nicht NOCH schlecher wird.
Unseren privaten König Gregor könnt ihr auch über Dinge von Interesse reden hören.